Der Sarek                                     1

 

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Vorwort

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Seit langer Zeit schon üben nordische Landschaften einen besonderen Reiz auf mich aus. Seit einer frühen Tour zum Nordkapp wollte
ich immer wieder gern in diese Region zurück. Nach den ersten längeren Besuchen am Kaitumälven und des Vindelfjälls bei Ammernäs
gingen die Fahrten tiefer in den Norden Lapplands. Spätestens mit der Erkundung der Gegend um Jokkmokk und einer Reise zu einem
der nördlichsten schwedischen Nationalparks, Abisko, wurzelt diese Verbundenheit tief. Seit mehreren Jahren nun gehen ausgedehnte
Touren, meist gestützt von einem in der Abgeschiedenheit zurückgelassenen Wohnmobil aus, mit dem Zelt durch die Padjelanta-,
Sarek-, Muddus- und Stora Sjöfallet Nationalpark Region schwedisch Lapplands.
Aber auch der Kungsleden, der nordische "Trekkinghighway" von Abisko nach Nikkaluokta zu Schwedens höchstem Berg, dem
Kebnekaise (2104m) oder die schon düster melancholische Stimmung von Riksgränsen und dem benachbarten Vadvetjåkka Nationalpark
sowie Lapplands Übergänge zu Finnland am Kalix- und Torneälven haben ihre magische Anziehungskraft nicht verloren.

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Genug. Nach dem Motto "es ist eigentlich schon alles geschrieben und fotografiert worden – nur nicht von mir" habe ich hier ein paar
Seiten zusammengebracht, die dem Interessierten möglicherweise ein paar Hinweise und Impressionen liefern. Ernsthaft: dies kann
keine vollständige Abhandlung über Nord-Lappland werden, dafür gibt es für mich selbst noch zu viel zu entdecken. Es ist nur ein Einblick.
Trotzdem würde ich mich freuen, wenn Sie wieder vorbeischauen.
Ich werde die Seite in regelmäßigen Abständen, vor allem mit Bildern, weiter ergänzen. Viel Spaß bei der Lektüre!

 

Besonderheit der Lage

Der Sarek Nationalpark und die umgebenden Schutzgebiete werden unter dem Namen Laponia zusammengefasst, das seit 1996 zum
UNESCO-Welterbe ernannt ist.
Er liegt zusammen mit den anderen nördlichen Nationalparks im Norden Lapplands, das die Schweden Norrland nennen.
Schwedens nördlichste und Europas dünnst besiedelte Region grenzt im Westen an Norwegen und im Norden an Finnland.
Norrland macht knapp 60 Prozent der schwedischen Gesamtfläche aus, sein Gesamtbevölkerungsanteil beträgt jedoch nur etwa 12,5 Prozent.
Es ist seit mindestens 7.000 Jahren die Heimat der Samen, der Urbevölkerung Skandinaviens und der einzig verbliebene Urbevölkerung
Europas überhaupt.
Sápmi, so nennen die Samen ihr Land – und ihr Volk, das über alle Ländergrenzen hinweg bis in den Norden Russlands reicht.
Ihre älteste Siedlung mit Funden aus der Steinzeit wurde am See Gårtjejávvre im Stora Sjöfallet Nationalpark gefunden.

Der Sarek selbst und seine unmittelbare Umgebung ist eine Hochgebirgsregion.
Die für Skandinavien namensgebenden Skanden, lang gestreckte schwedische und norwegische Bergzüge mit wenig über 2.000m, wirken zunächst
beim Betrachten topographischer Karten für einen mitteleuropäischen Bergwanderer eher unspektakulär.
Gerade die abgelegenen Gebirge Schwedens liegen jedoch mehr als 3.000Km nördlicher als die Alpen.
Ein Vergleich zwischen beiden Gebirgszügen ist nur schwer möglich, dennoch entsprechen die klimatischen und regionalen Bedingungen
denjenigen hochalpiner Regionen.
Ein schönes Beispiel ist das allseits freistehende Akka-Massiv (samisch Áhkká), 2.015m, die "Königin Lapplands", mit ihrem riesigem Gletschersystem
im Stora Sjöfallet Nationalpark nordöstlich des Sarek.

 

Nördliche Gletscher des Akka-Gebirges an einem strahlenden Sonnentag im Juli 2009

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Das Klima hinter dem Polarkreis auf 1.000 Meter Höhe entspricht etwa dem der Alpen bei 2.500 Meter.
Die Verhältnisse der Berge des nördlichen Fjälls mit einer Höhe zwischen "nur" 1.800 und 2.100 Metern sind den der höchsten Bergzonen
der Alpen vergleichbar.
Die Baumgrenze im Stora Sjöfallet beginnt schon bei ca. 700m, im Sarek sogar ab etwa 500m.
Die Südgrenze des Sarek Nationalparks liegt oberhalb des kleinen Ortes Kvikkjokk, ca. 1.200Km nördlich von Stockholm, jenseits des Polarkreises.

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Westlich schließt sich der Padjelanta-Nationalpark, nordöstlich der Stora Sjöfjället- und der Muddus-Nationalpark bei Porjus an.
Zusammengenommen handelt es sich mit den Laidaure Delta-, Stubba- und Sjaunja- Natureservaten um das größte geschlossene
Schutzgebiet Skandinaviens: Laponia.
An den Padjelanta schließen westlich noch norwegische Schutzgebiete an.

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GPS-Koordinaten

Kvikkjokk: 66° 57´ nördliche Breite, 17° 43´ östliche Länge -
Sarektjåhkkå: 67° 27´ nördliche Breite , 17° 48´ östliche Länge -
das Pårte-Fjäll mit dem Palkatjåhkkå: 67° 13´ nördliche Breite, 17° 39´ östliche Länge.

Anfahrt über die Abzweigung Kvikkjokk - Tjåmotis zur Sitoälvsbron am Laidaure

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Daten

Der Sarek ist eine absolut grandiose, weitestgehend unberührte Hochgebirgslandschaft mit steilen Gipfeln und Gletschern.
Zwischen den Gebirgsmassiven erstreckt sich ein System von tief eingeschnittenen Tälern, die teilweise von wilden Wasserläufen durchströmt werden.
Der Name stammt vom Sarektjåhkkå, mit 2089 Metern der höchste Gipfel dieser unvergleichlichen Region.
Seine Einrichtung war schon im Jahr 1909, mit dem Ziel, die unberührte Erhaltung einer der eindrucksvollsten Hochgebirgslandschaften zu schaffen.
Seine Größe liegt mit 1.970 Quadratkilometern etwa im Ausmaß des Saarlands.
Der Sarek hat mehr als 100 Gletscher. 87 Berggipfel übersteigen 1800 Meter, 28 Gipfel erreichen 2000 Meter und acht sind über 2000 Meter hoch.

Zitat des schwedischen Naturvårdsverket (Schwedens Umweltbehörde)

"Der Sarek ist eine großartige und unberührte Hochgebirgsregion mit steilen Gipfeln und Gletschern. zwischen den Gebirgsmassiven erstreckt sich ein
Netzwerk von tief eingeschnittenen Talgängen, die von reißenden Wasserläufen durchströmt werden.
In diesem Terrain voranzukommen, ist, wie man sich leicht vorstellen kann, ungeheuer strapaziös. Der Sarek ist aber auch eine weglose Wildnis.
Die zentralen Teile des Nationalparks liegen kilometerweit von bewohnten Gebieten entfernt.
Es gibt keinerlei Einrichtungen für Touristen, Pfade oder Hütten. Im Falle eines ernsthaften Unglücks ist man völlig auf sich gestellt.
Wir möchten die Unerfahrenen unter Ihnen vor einer Wanderung in den Sarek warnen.
Bevor Sie den Sarek in Angriff nehmen, sollten Sie bereits mehrere andere Fjälltouren unternommen haben."

 

Trekking und Wege

Im Gegensatz zum benachbarten Padjelanta-Nationalpark und dem nördlichen Teil des Stora Sjöfallet ist der Sarek für Besucher kaum erschlossen,
da er als ein reines Wildnisgebiet erhalten werden soll.
Er wird ja oft als "letzte Wildnis Europas" bezeichnet. Vergleichbares findet man wohl nur im Nordgürtel Russlands und im Denali-Nationalpark Alaskas.
Der Sarek ist groß, für eine Ost-West Durchwanderung sollte man acht Tage einplanen, für eine Nord-Süd-Tour mehr als das Doppelte.
Es gibt keine angelegten und markierten Wanderwege mit Ausnahme des Kungsleden, der über eine kurze Strecke den südöstlichen Teil des Parks begleitet.
Es findet sich auch keinerlei Möglichkeit während einer dauernden Schlechtwetterperiode in einer Hütte oder den sonst in Schweden häufig anzutreffenden
Unterständen (sog. Windskyds), außer bei der zentral im Park gelegenen Mikkastugan (einziges Nottelefon) Schutz zu suchen.
Die wenigen Kotas, die in den Karten eingezeichnet sind, werden von den Sami während der winterlichen Rentierscheide benutzt und sind fast immer verrammelt.
Ebenfalls verschlossen sind die aus der Erkundungsphase des Gebietes um 1900 hinterlassenen, kleinen Blechhütten.
Es gibt vier reguläre- und ein paar Hilfsbrücken, auf die man sich bei der Planungsphase aber besser wegen potentieller Instabilität nicht verlassen sollte.
Das Durchwaten teilweise reißender Bäche, am besten mit dafür mitgebrachten Extra-Sandalen oder Kanuschuhen, ist die Regel und gleichzeitig die größte Gefahr.
Dafür hat sich an manchen Bereichen inzwischen ein Netz von Trampelpfaden gebildet, das im Sommer meist recht gut erkennbar ist.

Die Trekkingmöglichkeiten im Sarek sind breit gefächert.
Mit Ausnahme völlig unwegsamer Teile des Rapadelta und in den Fjällkarten ausgewiesenen ausdrücklich verbotenen Teilen, kann fast jeder Punkt im Sarek
erwandert oder erklettert werden. Die Erfahrung, die Ausrüstung, die zur Verfügung stehende Zeit, sowie die physische Verfassung setzten die Grenzen.
Vom Zwei-Tagestrip mit kleinem Radius von der STF-Fjällstation in Kvikkjokk aus, bis zur minutiös geplanten Hochgebirgstour mit professioneller,
alpiner Ausrüstung ist die Bandbreite groß.
Ausgedehnteres Sarek-Trekking kann aber ohne vorbereitendes körperliches Training schnell verheerend enden.
Von einer Allein-Begehung durch den Sarek ist wohl eher abzuraten, ebenso setzt die Erwanderung mit Langlaufskiern im Winter schon Erfahrung voraus.
Der Zeitpunkt der Tour sollte gut gewählt werden.
Zur Zeit der Schneeschmelze wird ein Durchwaten der Flüsse nicht ungefährlich sein, wenn sie viel Wasser führen und dies auch mit Stockhilfe dramatisch werden kann.
Daher sollte eine Sarek-Tour mit so wenig Watstellen wie möglich geplant werden.
Von Mitte August bis Mitte September ist auch klimatisch die beste Zeit. Die Flüsse führen dann Niedrigwasser und die meisten Moskitos haben das Zeitliche gesegnet.
Der Lappländische Frühherbst lässt das Fjäll dann in allen Farbtönen erstrahlen. Indian summer pur - das Erlebnis schlechthin.
Aber: "Der Sarek soll eine Region bleiben, in der nichts unternommen wird, um eine Gebirgswanderung zu erleichtern" (Naturvårdsverket-SE).
Man sollte also jederzeit innerlich bereit sein, die geplante Tour  auch - zähneknirschend - abzubrechen.

 

Der Skierffe rechts mit dem Nammatj mitten im Rapadalen

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Blick vom Skierffe August 2006

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Das Rapadalen

Das gewaltige Tal gehört zu den imposantesten Naturlandschaften in Lappland und Europa überhaupt.
Wie ein riesiger Keil trennt es den Sarek in einen westlichen und einen östlichen Teil. Steile, vergletscherte Gebirgszüge steigen vom Tal
in die Höhe und erreichen die 2000 Meter Grenze. Im Tal windet sich der namensgebende Fluss Rapaeadnu, kurz Rapa, gen Süden.
Von etwa 30 Gletschern vom Skarja kommend, bildet er mit seinen Nebenflüssen, Smajlajåhkå, Sarvesjåhkå und Katokjåhkå ein gewaltiges Flusssystem,
das mal flach, breit und träge, darauf aber auch wild schäumend sein kann.
Der sich ständig verändernde Fluss bildet in seinen Mittellauf ein Labyrinth aus Hauptstrom und unzähligen Seitenarmen.
Dazwischen erheben sich kleine Inseln aus Sand und dem Gesteinsschutt der Gletscher.
Der Fluss transportiert besonders im Frühjahr ungeheure Massen an Sediment und ist damit der größte "Erdbeweger" Skandinaviens.
An einem Hochwassertag im Frühjahr können dies leicht 10.000 Tonnen Schlamm sein.

Im Mündungsbereich hat der Rapa ein riesiges Delta erzeugt bevor er in den See Laidaure mündet.
Der Tafelberg Tjahkkellj südwestlich vom Delta, und Schwedens atemberaubendster Aussichtspunkt, der
Skierffe (1179m) - rechts des Rapa - sind für
mich noch immer beeindruckende Höhepunkte des Sarek. Diese Berge sind im Gegensatz zum Tal auch verhältnismäßig gut begehbar.
So wird der Blick vom Skierffe das Tal hinauf zum Nammatj
(823m), der sich mitten aus dem Flusstal des Rapa erhebt, zusammen mit den
einmaligen Galeriewäldern im Innern des Stroms zu einem unvergleichlichen Erlebnis.
Nicht nur bei klarem Wetter vergisst man hier leicht die Zeit.
Mit Glück und Fernglas am 700 Meter tiefen Abhang sitzend, erspäht man im Tal sogar einen der gewaltigen Sarek-Elche.
Zum Nammatj kann man sich auch bringen lassen. Der Same Lennart Läntha, einziger "legaler" Fährbootsbetreiber und Fischer in Familientradition,
bietet an, mit seinem Motorboot von der Aktse-Hütte, gelegen unmittelbar vor der Sarek-Grenze, den Rapa hinauf zu fahren.
Streng genommen ja ein Sakrileg, aber eine erlaubte und unbedingt lohnende Besteigung. Im Winter erreicht man den riesigen Klotz zu Fuß über das Eis des Rapa.

Es gibt übrigens noch einen Namensvetter Nammatj direkt bei Kvikkjokk, der dort ebenfalls aus einem Flussdelta aufragt,
nämlich dem des Tarraätno. Nammatj heißt eigentlich "namenlos" auf Samisch – so gibt es in der Region gleich zwei davon. Heilige Berge der Samen sind beide.

Anhöhe am nordöstlichen Sarek in Richtung Saltoluokta mit Blick auf den Spitzkegel des Sluggá

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Nach langem Regen kommt die Sonne beim Kurztrip mit trocknenden Collies und kleinem Gepäck vom Zelt aus

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©2012 Burkhard Schumann